Das Ensemble liegt auf einer kleinen Anhöhe, dem sogenannten Bischofsberg, am Ende der Universitätsstraße, etwa einen Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums (Seemann, 9). Der 70 mal 100 Meter große Vorplatz wird auf drei Seiten von den Residenzgebäuden aus rotem Ziegelstein begrenzt: Linkerhand befindet sich der Seminartrakt mit der orthodoxen Seminarkirche. Rechts davon schließt sich der Metropolitenpalast mit seiner repräsentativen Fassade samt Treppengiebel an. Auf der rechten Seite wird der Platz vom Gästehaus mit seinem charakteristischen Uhrenturm abgeschlossen. Die Architektur des gesamten Ensembles weist sowohl maurische und byzantinische als auch romanische und gotische Dekorationselemente auf. Die steilen Dächer sind mit farbig glasierten Ziegeln im bukowinischen Stil gedeckt (UNESCO, 6 ff., sowie Anders, 276).

Die Seminarkirche ist den heiligen drei Hierarchen, Basilius dem Großen, Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomos, gewidmet. Sie ist im byzantinischen Stil gehalten, wird von einem Kreuzgewölbe überspannt und ist neben einer prunkvollen Ikonostase auch mit Wandmalereien berühmter Wiener und Bukowiner Künstler versehen (UNESCO, 35, sowie Anders, 276). Im zentralen Gebäudetrakt, dem Palast, befanden sich die Wohnräume der Metropoliten sowie vier prachtvolle Säle: Der Synoden- oder Marmorsaal mit mehreren von Alabastersäulen getragenen Galerien und geschnitzten Holztäfelungen an der Decke diente als Versammlungsraum für die Bischöfe. Die Fresken und Mosaike entlang seiner Wände zeigen bedeutende Momente aus der Geschichte der Bukowina und der orthodoxen Kirche. Der Rote Saal diente als kleinerer Versammlungsraum und wurde mit Holz und chinesischer Seide ausgestaltet. Im Blauen Saal befand sich die Bibliothek und der Grüne Saal diente als Empfangsraum für Gäste des Metropoliten (UNESCO, 34f.). Hinter dem Metropolitenpalast erstreckt sich ein großer, zwischen 1876 und 1878 von Viktor Paul und Herman Langer im englischen Stil angelegter Park, an dessen Eingang eine Büste Josef Hlávkas steht (UNESCO, 31.). Erzbischof Eugen Hackmann (1793-1873) selbst hatte den Bau der Residenz im Jahr 1863 angeregt und den durch die Realisierung der Wiener Hofoper bekannt gewordenen Architekten Hlávka mit der Umsetzung des Projektes beauftragt. Finanziert wurde der mehrere Millionen Gulden teure Bau aus den Mitteln des griechisch-orientalischen Religionsfonds (Josef Gregor: Zur Geschichte des Residenzbaues. In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung, Nr. 3403, 21.03.1914, S. 1, sowie Philipp Menczel: Czernowitz. Ein Stadtbild. In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung, Nr. 1407, 20.09.1908, S. 1).

1872 gab Erzbischof Hackmann vor der Wiener Regierung sein Einverständnis, mehrere Fakultäten der geplanten Universität im sogenannten Priester- oder Gästehaus, dem östlichen Flankengebäude der Erzbischöflichen Residenz, zu beherbergen (Akademischer Senat, 37). 

Das Vorhandensein der großzügigen Räumlichkeiten war eines der wichtigsten Argumente für die Entscheidung Wiens, Czernowitz als Gründungsort einer neuen deutschsprachigen Universität Vorrang vor anderen Städten im Habsburger Reich wie Triest, Brünn oder Laibach zu geben (Masan, 156, sowie Stourzh, 54f.).

Zwar war die Residenz ursprünglich für die Metropoliten, die ranghöchsten Bischöfe, der Regionen Bukowina und Dalmatien erbaut worden, aber schon im Herbst 1870 hatte die ein Jahr zuvor gegründete griechisch-theologische Lehranstalt in Czernowitz ihren Platz im Seminargebäude der unlängst errichteten Erzbischöflichen Residenz erhalten (Masan, 156).

1875 wurde diese Lehranstalt in die Theologische Fakultät der neu gegründeten Franz-Josephs-Universität umgewandelt und auch die Rechtswissenschaftliche Fakultät, die Philosophische Fakultät sowie die Lehrstühle der Zoologie, Botanik, Mineralogie, Chemie und Physik bekamen in der Residenz Seminarräume zugewiesen. Diese beklagten sich allerdings häufig „über die Unzulänglichkeit und Unzweckmässigkeit der Localitäten“ (Akademischer Senat, 52).

Unter dem sowjetischen Regime wurde die Erzbischöfliche Residenz nach dem Zweiten Weltkrieg nationalisiert. Nach einer Renovierung beherbergte sie zunächst das historisch-landeskundliche Museum und seit 1955 wieder die Universität (Masan, 157.). Mit dem Erhalt des Welterbetitels im Jahr 2011 sind die meisten universitären Einrichtungen aus der Residenz verschwunden, um den Aufbau einer touristischen Infrastruktur samt UNESCO-Büro, Museum, Café und Läden zu ermöglichen. Im Seminartrakt befinden sich noch die philosophisch-theologische sowie die philologische Fakultät, im Gästehaus die Fakultät für Geografie und Tourismus. Im Hauptgebäude sind nach wie vor die Universitätsverwaltung, das internationale Büro, das DAAD-Lektorat sowie das vom Goethe-Institut geförderte Kultur- und Wissenschaftszentrum Gedankendach untergebracht.

Text: Tabea Schleinitz

Materialien:

  • Ada Anders: Ukraine. DuMont Reise-Handbuch. Ostfildern 2012
  • Akademischer Senat (Hrsg.): Die K. K. Franz-Josephs-Universität in Czernowitz im ersten Vierteljahrhundert ihres Bestandes. Festschrift. Czernowitz 1900, S. 37. Verfügbar unter: http://hauster.de/data/almamaterfrancis.pdf [Zugriff: 24.09.2017]
  • Josef Gregor: Zur Geschichte des Residenzbaues. In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung, Nr. 3403, 21.03.1914, S. 1
  • Oleksandr Masan: Czernowitz als regionales Zentrum. In: Harald Heppner (Hrsg.): Czernowitz. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Stadt. Köln 2000, S. 145-166
  • Philipp Menczel: Czernowitz. Ein Stadtbild. In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung, Nr. 1407, 20.09.1908, S. 1
  • Helfried Seemann: Czernowitz und die Bukowina: 1890-1910. Wien 2001
  • Gerald Stourzh: Die Franz-Josephs-Universität in Czernowitz, 1875-1918. In: Richard Georg Plaschka, Karlheinz Mack (Hrsg.): Wegenetz des europäischen Geistes. Wissenschaftszentren und geistige Wechselbeziehungen zwischen Mittel- und Südosteuropa vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg. Wien 1983, S. 54-59
  • UNESCO World Heritage Centre (Hrsg.): The Residence of Bukovyna and Dalmatia Metropolitans in Chernivtsi, http://whc.unesco.org/uploads/nominations/1330.pdf [Zugriff: 24.09.2017]
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    Erzbischöfliche Residenz

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    Foto: Markus Winkler (2017)