1940 reisten das Ehepaar Brenner nach Czernowitz, um Mutter und Schwiegermutter aus der russisch besetzten Stadt zu sich nach Rumänien zu holen. Doch über Nacht wurden die Grenzen geschlossen und sie konnten die Bukowina nicht mehr verlassen. In den folgenden Kriegsjahren erlebten sie die Deportationen und die Emigration vieler Freunde und Verwandte. Durch die Arbeit ihres Mannes erhielten sie jedoch einen speziellen Ausweis, der sie vor der eigenen Deportation ins Lager schützte; sie mussten jedoch für einige Zeit im Czernowitzer Ghetto leben, wo sie viel Unmenschliches, aber auch Menschliches erlebten, wie Hedwig Brenner in ihren späteren Erinnerungen erzählte.

Nach Ende des Krieges konnte das Ehepaar im Frühjahr 1945 nach Rumänien zurückkehren und zog wieder nach Ploiesti, wo Gottfried Brenner bis zu seiner Pensionierung als Ingenieur arbeitete. Sie bekamen zwei Söhne und Hedwig Brenner machte eine Ausbildung als Krankenschwester und Physiotherapeutin. In diesem Beruf arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung. Insgesamt stellten sie 130 Ausreiseanträge an den rumänischen Staat, jedoch erst 1982 durften sie nach Israel auswandern. Zusammen mit ihren beiden erwachsenen Kindern und Hedwig Brenners Mutter zogen sie nach Haifa, wo sie noch über 30 Jahre lebte.

Ihre schriftstellerische Tätigkeit nahm Hedwig Brenner erst spät auf. Ihr Hauptwerk sind sechs Lexikon-Bände über das Leben von herausragenden jüdischen Frauen in der bildenden Kunst. Tausende Biografien von Künstlerinnen hat sie in jahrelanger Arbeit in der ganzen Welt recherchiert, darunter längst verstorbene, in Konzentrationslager umgekommene und noch lebende Frauen. Für ihre Arbeit wurde Hedwig Brenner 2012 sowohl mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland als auch mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.

Neben ihrer dokumentarischen Arbeit im Sammeln der Künstlerinnenbiografien schrieb sie ihre eigenen biografischen Erinnerungen nieder. 2010 erschien „Mein altes Czernowitz. Erinnerungen aus mehr als neun Jahrzehnten 1918-2010“ (Konstanz). In diesem Buch beschreibt sie ihre unerschütterliche Liebe zur Bukowina und zu Czernowitz sowie den Mythos um diese Stadt. Zudem veröffentlichte sie Essays, Feuilletons und Lyrik in deutscher und rumänischer Sprache. Weitere Werke sind „Zum Andenken und Nachdenken. Kurzgeschichten, Lyrik und Malerei aus Czernowitz und Israel“ (2011) sowie Begegnungen mit Menschen und Städten, 1919-2014“ (2015).

Hedwig Brenner starb am 23. Januar 2017 im Alter von 98 Jahren in Haifa. Die Fotografin Christel Wollmann-Fiedler, mit der Hedwig Brenner eine tiefe Freundschaft verband, schreibt über die Autorin: „Mich haben die menschlichen und unmenschlichen Erlebnisse in ihrem Leben nachhaltig beeindruckt, und nicht zuletzt ihr strahlendes Gesicht, ihr positives Denken und die Aussage, immer Glück im Leben gehabt zu haben!“

Text: Kirsten Heyerhoff

 

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