Nach einer Tätigkeit als Privatdozent in Wien folgte Eugen Ehrlich 1897 einem Ruf als außerordentliche Professor an die Franz-Josephs-Universität Czernowitz, wo er ab 1900 als ordentlicher Professor lehrte. Von 1906 bis 1907 war er Rektor der Universität. In dieser Zeit wurde er mit seiner Konzeption des „Lebendes Rechts“ zum international anerkannten Rechtsoziologen. Seine Werke erreichten mehrfache Auflagen und wurden in viele Sprachen übersetzt. Als sein Hauptwerk gilt Grundlegung der Soziologie des Rechts von 1913.

Nach Kriegsausbruch und der Besetzung durch russländische Einheiten musste Eugen Ehrlich 1914 aus Czernowitz fliehen. Er kehrte im November 1920 Czernowitz zurück, konnte aber seine Lehrtätigkeit an der nunmehr rumänischen Universität unter dem Rektorat Ion Nistors vorerst nicht fortsetzen. Es kam zu einer Kampagne in der rumänischen Presse, und er sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, die während des Krieges die endgültige Schließung der Universität forciert zu haben. Es waren jedoch machtpolitische Gründe Nistors wie auch der sich verbreitende Antisemitismus, die seine Lage verschärften. Es kam auch zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen jüdischen und rumänischen Studenten. Da Ehrlich jedoch auch Fürsprecher in Bukarest hatte (u.a. Dimitrie Gusti und Nicolae Iorga), wurde für ihn im Juli 1921 in Czernowitz ein neuer Lehrstuhl für Rechtsphilosophie und Soziologie eingerichtet. Doch die Proteste gegen seine Lehrtätigkeit setzten sich fort und am 30. Oktober 1921 forderte die rumänische Studentenschaft per Resolution die sofortige Beendigung seiner Hochschularbeit. Ehrlich blieb daher Czernowitz fern. Er war bereits seit Jahren an Diabetes mellitus erkrankt und sein Zustand verschlechterte sich im Frühjahr 1922 rapide. Er starb am 2. Mai 1922 in Wien.

Text: Alyona Prozorova

Materialien:

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    Wohnhaus von Eugen Ehrlich

    Wohnhaus von Eugen Ehrlich
    Steingasse 28 (heute Pereyaslavs'ka St. 34)

    Universitätsgebäude

    Universitätsgebäude
    Hier unterrichte Eugen Ehrlich (heute: Universytets'ka St 19). Foto: Markus Winkler (2017)