Biographische Angaben zur Person Victor Wittner rekonstruieren auch Teile des Lebensweges und Einstellungen seiner Familie und seines Vaters Max Wittner. Victor Wittner entstammte einer „stark assimilierten jüdischen Familie“ und „die Tatsache, daß in dieser Familie das Weihnachtsfest gefeiert wurde (Victor Wittner erwähnt dies in mehreren Gedichten) spricht genauso dafür wie die Bitte an Alfred Margul-Sperber, seine Gedichte nicht in eine Anthologie deutschsprachiger Lyrik jüdischer Autoren aus der Bukowina aufzunehmen“ (Colin/Kittner, S. 408). Victor Wittner wird sich später – in Wien – zunehmend vom Judentum distanzieren, sich in der Nazi-Zeit aber wieder darauf rückbesinnen. Zwar legte sein Vater „kein großes Gewicht auf das Einhalten religiöser Rituale“ (Rychlo, S. 499), doch taufen ließ man sich nicht. In anderen Untersuchungen wird festgestellt, dass sich in Victor Wittners Lyrik landschaftliche Eindrücke vor allem auf den heimatlichen Garten beziehen, auch wenn er „nie eine präzise Lokalisierung des Ortes seiner Kindheit vornimmt“. Auffallend sei aber, dass die Figur des Vaters die Erinnerungen dominiert (Reichmann, Anm. 10, S. 194).

Was Talent und Vorlieben betrifft, werden einige Parallelen zwischen Vater und Sohn sichtbar. Wie der Vater nahm auch Victor Wittner in Wien ein Medizinstudium auf, brach dieses allerdings vorzeitig ab, wobei er im Ersten Weltkrieg noch als Hilfsarzt eingesetzt wurde. Seine Mutter Räschelle (an anderer Stelle Raschelle) Wittner war bereits im Mai 1918 im Alter von 45 Jahren gestorben. In der Todesanzeige kondolieren auch die Kinder „Fähnrich Victor Wittner, Herbert Wittner“ (siehe Notiz „Todesfälle“ im Czernowitzer Morgenblatt, Nr. 11, 25.5.1918, S. 3).

Victor Wittner kehrte im November 1934 noch einmal nach Czernowitz zurück, wo ihn die Konzertdirektion „Carmen Sylva“ für einen Vortrag gewinnen konnte, „den bekannten Wiener Schriftsteller“, dessen Name den „hiesigen Hörern auch durch seine Vorlesungen im Radio Wien und Berlin“ sehr geläufig sei. („Vortrag Victor Wittner“. In: Der Tag, Nr. 797, 24.11.1934, S. 2). Sein Vortrag über „Vernünftiges Betragen“ fand am 30. November 1934 im Hotel „Zum Schwarzen Adler“ statt. Es ist anzunehmen, dass er während dieses Aufenthaltes auch seinen Vater traf. 

Text: Markus Winkler

Quellen:

  • Amy Colin und Alfred Kittner: Versunkene Dichtung der Bukowina. München 1994
  • Eva Reichmann: Victor Wittner, ein deutschsprachiger Dichter aus Rumänien. Zur Forschungslage. In: Zeitschrift der Germanisten Rumäniens 6, Heft 1-2 [11-12], 1997
  • Peter Rychlo: Verlorene Harfe. Eine Anthologie deutschsprachiger Lyrik aus der Bukowina. Chernivtsi 2002

Werke:

  • Sprung auf die Straße. Gedichte. Berlin 1924
  • Der Mann zwischen Fenster und Spiegel. Neue Gedichte. Berlin u.a. 1929
  • Alltag der Augen. Sonette. Zürich 1941
  • Das Haarpfand. Gedichte aus dem Nachlass. Wien 1956

Foto von Victor Wittner

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    Orte

    ehemaliges Hotel Schwarzer Adler (Zentralplatz)

    ehemaliges Hotel Schwarzer Adler (Zentralplatz)
    Hier hielt Victor Wittner während seines Czernowitz-Aufenthaltes am 30.11.1934 einen Vortrag über "Vernünftiges Betragen". Foto: Markus Winkler (2017)