Dazu zählten die Synagogengasse und die Springbrunnengasse, die im ältesten (jüdischen) Viertel lagen, wo bis Mitte des 19. Jahrhunderts die meisten Gebäude noch aus Holz bestanden und relativ klein waren (ein- bis zweistöckig) und sich das Milieu überwiegend aus Kleinhändlern und Handwerkern zusammensetzte, die Bahnhofsgasse, die vom Pruth aus und am Bahnhof vorbei sehr steil zum Springbrunnenplatz hoch führte, die Dreifaltigkeitsgasse, die in ein bürgerliches und relatives ruhiges Viertel führte, an das sich die Erzbischöfliche Residenz und auch die Habsburghöhe anschlossen, und schließlich die Enzenberg-Hauptstraße, die direkt auf das politische und wirtschaftliche Zentrum der Stadt zulief: den Ringplatz, das Rathaus und die Herrengasse.

In der lokalen Presse wird der Springbrunnenplatz als ein Ort beschrieben, an dem Reisende und Händler mit ihren Pferdefuhrwerken Station machen konnten (z.B. im „Hotel Bukowina“) und es zahlreiche Lokalitäten gab, in denen man essen und trinken konnte. Der Springbrunnenplatz war auch eine stark frequentierte Haltestelle der elektrischen Straßenbahn, die von hier zum Volksgarten bzw. zur Endhaltestelle Bahnhof Volksgarten führte. Ein Beitrag aus dem Jahr 1897 vermittelt das geschäftige Treiben an diesem Ort und erläutert dessen Namensgebung: „Springbrunnenplatz, aussteigen, ruf der Conducteur der elektrischen Bahn. Ein buntes Gedränge, eine Anzahl Neugieriger, eine Menge Diebsgesindel – mitten im Gewimmel tönt melancholisch und locker der Ruf: ,Heiße Kokerzes‛, das ist gekochter junger Kukuruz, gute Birnen usw. Der Fremde, der das Culturleben der rasch herangewachsenen jungen Universitätsstadt studieren will, bleibt neugierig stehen, beschaut sich die Dinge und fragt dann neugierig: ,Warum heißt denn dieser Platz Springbrunnenplatz?‛ Weil hier ein Springbrunnen war, der für die ganze Umgebung frisches Wasser lieferte, seit aber die Wasserleitung eingeführt wurde, verschwand derselbe, erhält er zu Antwort. Merkwürdig, welche Enttäuschung, ein so dicht bevölkerter Stadtteil und kein öffentlicher Brunnen, speziell ein Springbrunnen, wie würde er diesen Stadtteil verschönern und zugleich auf die Luft verbessern.“ (Bukowinaer Rundschau, 20. August 1897, S, 2). Der Springbrunnenplatz wurde im Volksmund „Ham“ genannt: Der Zeitzeuge Hardy Breier erinnert sich: „The Ham was removed before my time but the name persisted. We never called the place Springbrunnenplatz - just Ham. I think the name is of Turkish origin and was an arthesian well, used as a watering place for horses.“ (Quelle: czernowitz.ehpes.com). Im Oktober 1941 war der Springbrunnenplatz zentraler Teil des Ghettos.

Text: Markus Winkler

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    Springbrunnenplatz (Kartenausschnitt)

    Springbrunnenplatz (Kartenausschnitt)
    Quelle: Plan von Czernowitz, mit Angabe der neuen Straßenbenennung, der Orientierungsnummern und Höhenzahlen. Nach amt. Aufzeichnungen, zusammengest. v. d. städt. Bau-Ingenieur Ludwig West (um 1888)