Es verfügte nicht über eine feste Spielstätte und spielte daher in den Sommermonaten – in der spielfreien Zeit des städtischen Theaters – überwiegend in den Gartenlokalen, später auch im Festsaal des Deutschen Hauses. Das Ensemble ging darüber hinaus regelmäßig in Galizien und Rumänien auf Tournee. Die Behörden legten Wert darauf, dass sich Abraham Axelrad der das Theater gemeinsam mit seiner Frau Ruchel Axelrad (geb. Margules) leitete, auf die Darbietungen jüdischer Theaterstücke beschränkte. Als er sich um die Bewilligung von „Singspiel-Vorstellungen, also für ein Varieté-Theater“ (Staatliches Czernowitzer Gebietsarchiv, F. 12, 1, 5046, Bl. 249) bemühte, wurde das mit Verweis auf ein gerade zuvor errichtetes ähnliches Etablissement abgelehnt.

Nach 1918 entstand ein weiteres jüdisches Theater, das in der lokalen Presse durch Ankündigungen oder Rezensionen bis 1923 jedoch selten belegt ist. Es stand unter der Direktion Max Reischs und wird in der Presse und in Archivdokumenten unter den Bezeichnungen „Jüdisches Theater“, „Volksvariete“, „Deutsch-jüdisches Cabarett“ oder „Jüdisches Pavillontheater“ geführt. Reisch, der als Berufsbezeichnung „Artist“ angab, stammte aus Sadagora und blieb während der dritten russischen Invasion in Czernowitz, wo er in dieser Zeit ein Varieté betrieb. 1918 bemühte er sich, ein „deutsch-jüdisches Cabarett“ zu gründen, in dem „humoristische Vorträge von gediegenen Sängern und Sängerinnen dargeboten“ ((Staatliches Czernowitzer Gebietsarchiv, F. 12, 1, 1908, Bl. 1 und 1b) werden sollten. Ab 1922 traten namhafte jüdische Theatertruppen wie die „Wilnaer Theatertruppe“, die „Freie Jüdische Volksbühne“ und die Picon-Kalich-Truppe in Czernowitz auf, was zu umfangreichen positiven Vorankündigungen und Besprechungen in der Presse führte – nachdem zuvor häufig Ablehnung oder Desinteresse vorgeherrscht hatten. Die Reorganisation des „Jüdischen Theatervereins“ durch Max Diamant stand für eine Öffnung des jüdischen Theaters für Intellektuellenkreise. Der Einstellungswandel war aber auch in einem Kontext mit den Umbrüchen und dem Abbau im deutschen Theaterwesen, die 1922 mit der beginnenden Ära der Gastspiele jüdischer Theatertruppen in Czernowitz zusammenfielen, verortet. Eine Bruchlinie zwischen jüdischer und deutscher Kultur wurde nun auch von ehemals deutsch-akkulturierten Juden wahrgenommen, was teilweise zu Abgrenzungstendenzen innerhalb der unabhängigen und bürgerlichen Presse führte.

Text: Markus Winkler

Quellen:

  • Markus Winkler: Jüdische Identitäten im kommunikativen Raum. Presse, Sprache und Theater in Czernowitz bis 1923. Bremen 2007
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    Standort des Orpheum-Etablissements

    Standort des Orpheum-Etablissements
    Hier spielte auch das deutsch-jüdische Theater (Siebenbürger Str. 20, heute Holowna 74)